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Wahrheit als Bedrohung?

17th Feb. 2009Blog, , , , , , ,

Andy Bichlbaum und Mike Bonanno von „The Yes Men“ haben ein ungewöhnliches Hobby: sie geben sich als Führungskräfte von Unternehmen aus, die sie hassen. Mit nichts anderem bewaffnet als mit ihren Anzügen verschaffen sie sich Zutritt zu Geschäftskonferenzen und parodieren ihre Erzfeinde auf extreme Art und Weise. Ihr Ziel ist es, die Zuschauer aufzurütteln und zum Handeln zu bewegen. Im folgenden Interview gibt Andy vor, ein Sprecher des Chemiekonzerns Dow Chemical zu sein. Die BBC fällt auf diese Täuschung herein und sendet das Interview an geschätzte 300 Millionen Zuschauer. Dieses handelt von der <a href="http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/astuecke/73722/index.html“ title=“Infos zur Bhopal-Katastrophe auf 3sat“ target=“_blank“>Bhopal Katastrophe, dem bisher größten Industrieunfall der Geschichte. Anfang Dezember 1984 entwich im indischen Bhopal aus dem Chemiewerk der Firma Union Carbide, die 2001 mit Dow Chemicals fusionierte,  eine tödliche Giftgaswolke. 8.000 Menschen starben bei der Katastrophe, seither weitere 20.000 an den Spätfolgen. Tonnen von giftigem Material lagern heute noch auf dem verlassenen Fabrikgelände und belasten Böden und das Grundwasser. Dow Chemicals hat die Verantwortung dafür seit 20 Jahren bestritten. Andy gibt in dem Interview nun vor, dass der Konzern die volle Verantwortung dafür übernehmen und alles in seiner Macht stehende tun wird, den Opfern dieser Katastrophe zu helfen. Die Folgen dieser Ausstrahlung? Die Menschen weltweit feiern; der Aktienwert von Dow Chemicals sinkt jedoch um 2 Milliarden Dollar! Aus Sicht der betroffenen hätte Dow Chemicals richtig und verantwortlich gehandelt – der Markt entscheidet jedoch anders und  macht es in Wirklichkeit dadurch quasi unmöglich, das Richtige zu tun.  Auch wenn viele Manager etwas anderes behaupten, folgen sie im Endeffekt nur dem (krankhaften) Diktat des (freien?) Marktes.

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=SlUQ2sUti8o?wmode=transparent] Hintergründe hierzu und weitere Aktionen von „The Yes Men“ sind in der Dokumentation „The Yes Men Fix the World“ zu sehen. Diese Produktion wurde im Rahmen der Berlinale mit dem Publikumspreis bedacht und läuft ab März 2009 in ausgewählten Kinos.

Muss eigentlich alles „privat“ und „effizient“ sein?

18th Nov. 2008Blog, , , , ,

Dem aktuellen Videocast von Robert Misik, der wöchentlich innen-, außen-, gesellschafts- und kulturpolitische Fragen auf derStandard.at kommentiert, kann ich voll und ganz zustimmen:

FS Misik Folge 51: Wenn ein Postler Konkurrenz kriegt, kommen die Effizienzgewinne nicht bei mir an Gerade wurden mit viel Steuergeld die wichtigsten globalen Banken gerettet – weil ein intaktes Finanzsystem ein „öffentliches Gut“ ist. Sollte das nicht ein Anlass sein, grundsätzlich darüber nachzudenken, dass es öffentliche Güter gibt, die wichtiger sind als das übliche privatwirtschaftliche Kostenminimierungskalkül? Die Aufregung um die Postamtsschließungen steht damit im Zusammenhang. Flächendeckende Versorgung ist ein „öffentliches Gut“, egal ob sie sich rechnet. Und es darf auch nicht zwischen „schlechten“ und „guten Kunden“ unterschieden werden. Das selbe gilt auch für das Gesundheitssystem, das öffentliche Verkehrsnetz, das Schulsystem. Wenn wir zuviel privatisieren, bekommen wir Exzellentes für die Begüterten und „poor Services for poor people“, also schlechte Dienstleistungen für die weniger Begüterten. [youtube http://www.youtube.com/watch?v=kzJhBq9Zm0U?wmode=transparent]

Ein Beispiel, das hier nicht fehlen sollte, sind die Folgen der Privatisierung des Strafvollzugs. So scheiterte beispielsweise ein Volksbegehren in Kalifornien, mit der unter anderem die Strafen für den Besitz von Marihuana erheblich reduziert werden sollten, auch durch intensives Lobbying der Gefängniswärtergewerkschaft:

Weil die Arbeitsplätze der Wärter von der Anzahl und Auslastung der Gefängnisse abhängen, hat die Gewerkschaft durchaus ein strukturelles Interesse daran, möglichst viele Verbotstatbestände mit Gefängnisstrafen bedroht zu sehen.

Quelle: telepolis, Direkte Demokratie und Lobbyismus